«Durchgeknallter Staatsanwalt» nicht immer strafbare Beleidigung

D.

Die Äusserung «durchgeknallter Staatsanwalt» ist nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht in jedem Fall eine strafbare Beleidigung. Mit dem am Freitag veröffentlichten Beschluss hob das Karlsruher Gericht eine Busse gegen den «Zeit»-Herausgeber Michael Naumann auf.

 

Naumann hatte 2003 in der Sendung «Talk in Berlin» die Staatsanwaltschaft Berlin wegen ihrer Drogen-Ermittlungen gegen Michel Friedman scharf angegriffen. Gegen den Talkmaster und damaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden war wegen Kokainbesitzes ein Strafverfahren eingeleitet worden.

 

In der TV-Sendung bezeichnete Naumann den damaligen Berliner Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge daraufhin als «durchgeknallten Staatsanwalt», der in der Hauptstadt einen ausserordentlich schlechten Ruf habe. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte Naumann im Jahr 2004 wegen Beleidigung zu 9000 Euro Busse. Die Bemerkung reiche in unzulässige Schmähkritik hinein, die durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt sei.

 

Auf die Verfassungsbeschwerde des ehemaligen Kulturstaatssekretärs hin hob eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts das Urteil jetzt auf. Das Berliner Gericht habe das Grundrecht der freien Meinungsäusserung nicht in der gebotenen Weise gegen das Persönlichkeitsrecht abgewogen, hiess es zur Begründung. Der Kontext der Äusserung spreche dagegen, dass Naumann dem Staatsanwalt «pauschal die geistige Gesundheit absprechen» und ihn diffamieren wollte.

 

Ungeachtet der polemischen und herabsetzenden Begriffswahl sei im gegebenen Kontext auch die Sachaussage transportiert worden, ein Staatsanwalt habe die gebotene Zurückhaltung vermissen lassen. Mit dem einstimmigen Kammerbeschluss wurde der Fall an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen. Das muss nun nach den Karlsruher Vorgaben neu entscheiden.

 

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