Österreich: Polizei beschlagnahmt ORF-Material

Skinheads bei FP-Veranstaltung: ORF protestiert

Die Beschlagnahmung der ORF-Aufnahmen sei laut Redakteursrat ein "gravierender Anschlag auf das Redaktionsgeheimnis". Strache warf einem "Schauplatz"-Redakteur vor, Neonazis zu einer Wahlveranstaltung der FPÖ gebracht und zur Wiederbetätigung animiert zu haben.

 

Der ORF-Redakteursrat protestiert im Zuge der angeblichen Neonazi-Affäre bei einer FPÖ-Veranstaltung gegen die Vorgehensweise der Polizei. Die Beschlagnahmung von Rohmaterial sei ein "gravierender Anschlag auf das Redaktionsgeheimnis und damit die Medienfreiheit", so Redakteurssprecher Fritz Wendl. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hatte einem Redakteur der Sendung "Am Schauplatz" vorgeworfen, dieser habe Neonazis zur einer Kundgebung der Freiheitlichen gebracht und dort zur Wiederbetätigung animiert. Die herbeigerufene Polizei stellte daraufhin das Material sicher.

 

Wendl zeigte sich in einer der Austria Presse Agentur übermittelten Stellungnahme besorgt und warnte vor Implikationen für die gesamte Medienbranche: "Macht das Beispiel Schule, braucht künftig jemand einen Journalisten nur - und noch so unbegründet - irgendeines angeblichen Vergehens beschuldigen und schon wird dessen Material bis hin zum Laptop, Diktiergerät, Notizbuch beschlagnahmt." Der rechtliche Hintergrund: Als Beschuldigter falle ein Journalist mittlerweile nicht mehr unter den Schutz des Mediengesetzes. In diesem ist geregelt, dass das Redaktionsgeheimnis vonseiten der Strafverfolger nicht umgangen werden darf, also Schriftstücke, Druckwerke oder Bild- und Tonträger nicht ohne weiteres beschlagnahmt werden können.

 

Im aktuellen Fall hatte der ORF nach Sichtung des Materials seinem Redakteur den Rücken gestärkt, weil dieser sich nach journalistischen Kriterien korrekt verhalten hatte. Außerdem legte das Unternehmen Einspruch gegen die Beschlagnahmung des Rohmaterials ein und hatte durchgesetzt, dass die Kassette versiegelt wurde.

 

Aus Wendls Sicht braucht es mehr juristische Schutzmaßnahmen: Es sei "dringend nötig, der Methode, jemanden zum 'Beschuldigten' zu ernennen und damit gesetzliche Schutzbestimmungen zu umgehen, einen wirksamen Riegel vorzuschieben". Ansonsten könnten Journalisten ihrer Tätigkeit nur mehr nachkommen, wenn sie jederzeit die Telefonnummer ihres Anwalts bei sich hätten.

 

Wendl verwies dazu auf ein Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der entschieden habe, dass die Informationsfreiheit nicht eingeschränkt werden dürfe, auch wenn ein Journalist als "Beschuldigter" geführt werde. Dieses EMGR-Urteil betraf den Fall eines Stern-Journalisten, der über Unregelmäßigkeiten des EU-Betrugsbekämpfungsbüros (OLAF) berichtet hatte. OLAF hatte bei den belgischen Behörden die Durchführung einer Hausdurchsuchung samt der Beschlagnahme zahlreicher Arbeitsunterlagen erwirkt.

(kleinezeitung.at)

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Kommentare: 1
  • #1

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